Entwicklung der Familie

Die Entwicklung der Familie

Anders als bisher in der Familiengeschichts-schreibung der letzten 200 Jahre angenommen (z.B. bei v. Buttlar - Stammtafeln der Althessischen Ritterschaft Ende des 19. Jahrhunderts) steht heute fest, dass sich Name der Familie von Osterhausen von dem Ort Osterhausen im heutigen Sachsen-Anhalt zwi­schen Eisleben und Querfurt, westlich von Halle, heute ein Stadtteil von Eisleben, ableitet.
Nachdem ich in einer Reihe von Quellen die Existenz einer Familie von Osterhausen in diesem Ort Osterhausen oder im Zusammenhang mit ihm und in der Region Mansfeld/Querfurt seit mindestens 1194 nachweisen konnte, war kein Anlass mehr gegeben, die von Anfang an fragwürdige und in der Literatur zum Teil auch immer umstrittene Verbindung und Abstammung mit bzw. von der waldeckischen Familie von Osterhausen -zwischen 1196 und ca. 1450 in Waldeck und angrenzenden Regionen nachgewiesen – aufrecht zu halten. Dennoch werde ich auch dieser Familie eine kurze Darstellung widmen.
Erwähnen werde ich auch die "bürgerliche" Familie Osterhausen, zunächst in Halle als sog. Halloren Familie, die aus demselben Querfurtischen Ort stammt und ganz offensichtlich mit der Ende des 18. Jahrhunderts in Livland auftretenden Familie von Osterhausen zusammenhängt.

Die Geschichte der Familie von Osterhausen beginnt so zwangsläufig mit der Geschichte dieses Ortes zwischen Eisleben und Querfurt, der in der geschichtlichen Überlieferung zum ersten Mal um das Jahr 750 auftaucht. 777 schenkt Karl der Große die dem heiligen Wigbert geweihte Kirche in Osterhausen dem Kloster Hersfeld. In den folgenden Jahrhunderten wird diese Schenkung von den Kaisern mehrfach wiederholt. Die Geschichts­schreibung ordnet sie teilweise allerdings später als Fälschung ein. Die Herkunft des Ortsnamens ist umstritten. Man vermutet, dass er entweder von der heidnischen Göttin "Ostar" abgeleitet wird, die der benachbarten Region Osterland den Namen gegeben hat oder schlicht die Himmelsrichtung Osten meint. Für die zweite These spricht, dass es in der Region je einen Ort Mittel­hausen und Süderhausen und wohl früher auch Wester­hausen gegeben hat bzw. noch gibt. Diese Orte sollen Teile einer frühen fränkische Siedlung gewesen sein, nach einer Quelle eine friesische Gründung.
Für fränkischen Ursprung spricht die Endung -hausen. Für die friesische These könnte sprechen, dass im 6. Jahrhundert auch Friesen diesen Raum nach dem Nieder­gang des Thüringerreichs besiedelt haben. Der histo­rische Name Friesengau für eine Landschaft in dieser Gegend belegt dies. Interessant ist auch, dass in Ostfriesland bei Emden heute noch ein Ort Osterhusen existiert, nach dem im Mittelalter im übrigen ein bedeutendes friesisches Grafengeschlecht benannt wurde.

Die Tatsache, dass der Salier-König Konrad III. im Jahr 1146 eine Urkunde in Osterhausen ausstellte, legt die Vermutung nahe, dass sich dort ein Königshof befand. Das gibt mir Anlass zu der folgenden Vermutung: Der Rose oberhalb des Wappenschildes im Familienwappen von Osterhausen, die das heraldische Zeichen der mittelalterlichen Könige war, könnte man den Hinweis entnehmen, dass die Familie Verwalter des Königshofs war, somit vielleicht ein königliches Ministerialengeschlecht. Überliefert ist außerdem, daß der Ort im frühen Mittelalter eine Befestigung enthielt und später wegen seines Markt­rechts einige Bedeutung besaß. Der Ort teilte sich in Groß- und Klein-Osterhausen, wobei der letztere jüngeren Datums ist.
Wesentlich für die Entwicklung des Ortes war die Gründung des Klosters Sittichenbach, ein für den mitteldeutschen Raum wichtiges Zisterzienserkloster, im Jahr 1141. Wichtig war dies unter dem Gesichts­punkt der Familiengeschichte, weil das Kloster mit der Zeit den bedeutsamen Grundbesitz der Umge­bung erwarb. Dies veranlaßte die Familie vermutlich spätestens im 13. Jahrhundert, den Ort selbst zu verlassen.

Die Bildung von Familiennamen setzte meist im 12. Jahrhundert ein. So auch in unserem Fall: Der Name von Osterhausen taucht in den bisher zur Verfügung stehenden Quellen bei Albert, dem Schöffen im Landgericht des Landgrafen Herrmann von Thüringen im Jahr 1194 auf. Er ist Zeuge in einer Urkunde des Liebfrauenklosters in Magdeburg. 1202 ist ein direkter Bezug der Familie zum Ort Osterhausen gegeben, als Heidenreich von Osterhausen als Zeuge in einer Urkunde genannt wird, die in Osterhausen ausgestellt wird. Die Familie steht in Diensten der Herren von Querfurt bis zu deren Aussterben Ende des 15. Jahrhunderts. Ende des 13. Jahrhunderts wird diese Verbindung zum ersten Mal, u.z. zu der Querfurtischen Seitenlinie zu Schraplau und den Grafen von Mansfeld erwähnt. Nach dem Amtmann Heyso in Allstedt im Jahr 1304, das ebenfalls zur Herrschaft Querfurt gehörte, wird die Familie in den weiteren Jahrzehnten dieses Jahrhunderts mehrfach mit Besitzungen bei Allstedt erwähnt, so noch im Jahr 1523. 1526 wird sie im Wappenbuch des Amtes Allstedt als Inhaber des Zehnten zu Einzingen, einem Dorf bei Sangerhausen, als zum Adel des Amtes gehörig, aber außerhalb wohnend genannt.
Zwischen 1300 und 1473 werden etliche Träger des Namens in Urkunden erwähnt regional auch über Querfurt hinaus, ohne dass sich daraus eine zusammenhängende Stammfolge herstellen ließe. 1426 fällt Wetzell im Gefolge des Grafen Protze von Querfurt in der Schlacht bei Aussig in Böhmen gegen die Hussitten.

Mindestens seit der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts ist die Familie dann in Gatterstedt, wenige Kilometer nördlich der Stadt Querfurt gelegen, ansässig und zwar nicht erst mit dem in der Überlieferung genannten Melchior um 1500, sondern bereits 1473 mit den Brüdern Thilo und Ullrich. Bis zum Ende des 17. Jahrhunderts besitzt die Familie in diesem Ort, der in alten Quellen der uralte Stamm­sitz der Familie genannt wird, mehrere Güter, zuletzt zwei Rittergüter. Auch in und bei Querfurt selbst erwirbt die Familie in dieser Zeit Güter und bekleidet Ämter in der Stadt wie im gleichnamigen Amt.
Die Enge der kleinen Stadt, die man heute noch spürt, wird dann nach dem Aussterben der Querfurter Herren der Grund für einzelne Familienmitglieder gewesen sein, sich in Dienste außer­halb, vor allem in Dresden und Weimar zu begeben.

Nach der bisherigen Überlieferung beginnt dies in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts mit der Linie Wogau, gegründet durch Hans Thilo, dem Sohn des Melchior. Diese Annahme ist nach der Auswertung von Urkunden im Staatsarchiv Weimar falsch: Erst Ende des 16. Jahrhunderts gründet Hans Heinrich, nicht Sohn des Eustachius wie bisher angenommen, sondern des Christian zu Gatterstedt diese Linie, benannt nach dem kleinen Ort Wogau bei Jena, dessen Rittergut Hans Heinrich von den Herzögen von Sachsen-Weimar zu Lehen erhält. Mitbelehnt werden seine Brüder Balthasar Ernst und Hans Günter, die ebenfalls in der Nähe von Jena ansässig werden. Interessant ist, dass gerade eine neue Literaturquelle aufgetaucht ist, nach der die Familie schon im 14. Jahrhundert Besitzungen in dem Ort Ilmnitz im Amt Jena besaß. Dies muss nun aufgeklärt werden. Mit der Linie Wogau tritt das Phänomen auf, daß Teile der Familie im Herrschaftsbereich des ernestinischen Zweiges des Hauses Wettin, andere in dem des albertinischen Zweiges, zu dem zum Beispiel Gatterstedt gehörte, seit dem 16. Jahrhundert Inhaber der sächsi­schen Kurwürde, stehen. Die Linie Wogau existiert rund 70 Jahre. Ihre Mit­glieder- nicht mehr als zwei Generationen- kommen an den Höfen zu Weimar und Eisenach zu Ämtern und Anse­hen.
Gleichzeitig zu den geschilderten Aktivitäten des Hans Heinrich treten dessen Vettern Hans Georg und Hans, beide aus Gatterstedt stammend, in Erscheinung und begründen Besitz und Ansehen der Familie in Sachsen und Thüringen für die nächsten 200 Jahre.
Hans, der jüngere der beiden, tritt früh in französi­sche Kriegsdienste (Montmorency, Hugenotten, s.o.) und wird nach seiner Rückkehr stellvertretender Stallmeister am Dresdener Hof, dann Kommandant der kurfürstlichen Leibwache, Prinzener­zieher, Amtshauptmann zu Nossen und schließlich kaiserlicher Oberst in den Feldzügen gegen die Tür­ken. Er gründet den Familienzweig Böhlen/Poderschau, der seine Wirkung am längsten von allen Familienzweigen und auch vielleicht am bedeutendsten für etwa 200 Jahre in Sachsen entwickelt. Er setzt sich im 18. Jahrhundert fort in den Seitenlinien Göthewitz und Motterwitz/Niedergrauschwitz.

Mit Hans ältestentem Sohn Christian, zunächst Hof­marschall und Gesandter des Kurfürsten Johann Georg I. in den spanischen Niederlanden, später oberster Richter und Großprior des Malteserordens zu Malta, erreicht die Familie einen ihrer Höhepunkte. Zwei bzw. drei Generationen später sind für die sächsische Geschichte von Bedeutung Vater und Sohn Ernst Abraham und Christian Heinrich der Ältere, alle drei bedeu­tende Juristen ihrer Zeit. Ihre Schwestern heiraten Männer der preußischen und sächsischen Geschichte, Hans Georg v.d.Marwitz auf Friedersdorf im Oderbruch, Friedrich von Derfflinger, den Sohn des Alten Derfflinger und Heinrich Gebhard von Miltitz. In der ersten Hälfte des18. Jahrhundert erlebt dieser Familienzweig nach kurzer nochmaliger Blüte den finanziellen und zahlen­mäßigen Niedergang. Zuletzt bleibt nur das Rittergut Niedergrauschwitz bei Grimma, das nach dem Tod des letzten Osterhausen in Sachsen nicht an die noch blühende Fami­lie außerhalb Sachsens fällt, sondern an einen Herrn von Minckwitz.

Hans Georg, der ältere Bruder des Obristen Hans, macht sich in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts in kursächsischen Diensten als Hauptmann und Amtshauptmann zu Freyburg, Eckartsberga und Weißenfels so verdient, daß er den Familienbesitz erheblich erweitern kann mit dem Erwerb der
Rudels­burg und mehreren umliegenden Rittergütern sowie mehreren Gütern in Gleina bei Freyburg a.d. Unstrut. Drei Generationen später endet dieser umfangreiche Besitz. In der an der Burgenromantik des 19. Jahrhunderts orientierten heutigen Literatur wird wie eingangs schon erwähnt meist darauf hingewiesen, dass die Familie die Rudelsburg verfallen ließ, bevor sie von den Schweden im 30jährigen Krieg zerstört wurde. Dazu sei angemerkt, dass es seit der Renaissance nicht mehr üblich war, auf mittelalterlichen Ritterburgen zu wohnen, es sei denn man konnte diese durch einen großzügigen Neubau ersetzen. Im Fall Rudelsburg und ihrer exponierten Lage auf dem Felsen über der Saale bot sich dies nicht an. So errichtete die Familie das Gut Kreypitzsch auf der Anhöhe gegenüber oder lebte in Naumburg oder auf den übrigen Gütern, hielt aber ihre Gerichtstage nach wie vor auf der Rudelsburg ab. Die Mitglieder der Familie von Bünau, von denen man die Burg erworben hatte, hatten offenbar nach der Überlieferung keine anderen Wohnmöglichkeiten, waren auf die Burg angewiesen. Soweit diese Randbemerkung zur richtigen Einordnung der Bewohnbarkeit/Bewohnung einer mittelalterlichen Burg. Denkmalpflege im heutigen Sinn gibt es erst seit den letzten 100 Jahren.

Der letzte Überlebende der Linie Rudelsburg, Georg Heinrich, steht in Dienste des Herzogs von Sachsen-Zeitz, der nach dem Tod des Kurfürsten Johann Georg II, diese Region übernommen hatte. Dies führte ihn schließlich nach Schleusingen in Thüringen führen. Nach dem Tod des letzten Zeitzschen Herzogs fällt das Land wieder an Kursachsen zurück, worauf Georg Heinrich nicht nur Forst- und Jagdwesen dieser Region verwaltet, sondern auch Statthalter in kursächsischen Diensten ist. Ludwig Heinrich, der Enkel des Georg Heinrich, verlässt schließlich nach dem Tod seines Vaters, offensicht­lich ohne Aussicht auf eine Anstellung in kursächsi­schen Diensten, Mitte des 18. Jahrhunderts Sachsen und begibt sich nach Kassel an den Hof des Landgrafen von Hessen.

Aber zunächst noch einmal zurück in das Sachsen des beginnenden 17. Jahrhunderts: Der jüngere Sohn des Hans Georg auf Rudelsburg, ebenfalls Träger des Namens Hans Georg, macht eine glänzende Karriere am Hof in Dresden. Er wird dort unter Johann Georg I. dessen erster Hofmarschall, später Kammer- und Bergrat. Mit dem Erwerb der Güter Reinhardsgrim­ma, Lockwitz und Nickern erreicht er ein erhebliches Vermögen, zu dem noch 1/6 des sächsischen Salzvor­kommens gehört. Dieser Familienzweig macht 2/3 Generationen später noch einmal von sich reden mit Hans Joachim, dem Kommandanten des Leibgarde-Kürassierregiments August des Starken und seiner Tochter Sophie Erdmuthe, der vorletzten offiziellen Maitresse Augusts.

Ein weiterer Sohn des Hans Georg auf Rudelsburg, Melchior, führt die Familie auf Gatterstedt zu Anfang des 17. Jahrhunderts weiter. Seine beiden Söhne Hans Georg und Hans Siegmund sind besonders erwähnenswert. Hans Siegmund ist zwischen 1640 und 1670 als Naumbur­ger Domprobst und Richter am gemeinsamen obersten sächsischen Gericht in Wittenberg ein wichtiger Mann seiner Zeit. Sein Epitaph wie auch die seiner Frau und seiner Mutter stehen heute noch im Naumburger Dom. Hans Georg verschlägt der 30jährige Krieg nach Schles­wig-Holstein. Als Küchenmeister des Herzogs in Got­torf begründet er einen Familienzweig, der bisher unbekannt war. Dieser dauert bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts an und lebt zuletzt in und bei Plön, u.a. im Besitz des Ritterguts Wittmoldt. Über Hans Georg wird in Wikipedia berichten auch dargestellt, er sei der Sohn des Hans Georg auf Rudelsburg gewesen. Er lebte eine Generation später und kam auch nicht als junger Page nach Schleswig, sondern musste die Heimat verlassen, da er unter dem Herrn von Brandenstein den Schweden als Amsthauptmann von Querfurt gedient hatte.

Der schon erwähnte Ludwig Heinrich aus Schleusingen führt die Familie in Kurhessen ab ca. 1750 fort bis zum heutigen Tage. Er selbst schafft es bis zum Chef des Jagd- und Forstwesens. Seine Kinder und Enkel nehmen wichtige Positio­nen im kurhessischen Staat vom Hofmarschall bis zum Kriegsminister ein.
Neuer Grundbesitz durch das Rittergut Heisenstein bei Hersfeld führt 1830 zur Aufnahme in die Althessische Ritterschaft, der die Familie bis heute angehört.Nach dem Untergang des kurhessischen Staates im Jahr 1866 zieht sich die Familie weitgehend aus dem öf­fentlichen Leben des Landes zurück und lebt heute auf nur noch relativ wenige Mitglieder beschränkt in verschiedenen Teilen Deutsch­lands, bis Ende des 20. Jahrhunderts in Bad Hersfeld und danach auch in Neustadt bei Marburg und in Kassel.
Erstmals seit Anfang/Mitte des 20. Jahrhunderts gab es seit 1985 wieder einige Familientreffen aller Mitglieder. 

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